Sonntag, 27. Oktober 2013

Eine Million Schritte = 5'000 Franken

Eine Million Schritte in drei Wüsten und auf einer Insel sind meinen Spendern 5'000 Schweizer Franken wert! Herzlichen Dank an Freunde, Bekannte und anonyme Spender, die Special Olympics Switzerland unterstützt haben.

Vor ein paar Wochen habe ich die Spenden dem National Director von Special Olympics Switzerland Bruno Barth offiziell übergeben. http://specialolympics.ch/extremsportler-mit-gutem-herz/ Und dabei zusammen mit ihm Zukunftspläne geschmieden ... Die Zusammenarbeit wird vermutlich weitergehen.



Projekt abgeschlossen
Damit ist mein Projekt "Eine Million Schritte für Special Olympics Switzerland" abgeschlossen. Ich hatte mir vorgenommen, an vier Wüstenrennen von je 250 km teilzunehmen und damit an jedem Rennen 250'000 Schritte den Athleten und den Betreuern von Special Olympics Switzerland zu widmen.

Durch die trockenste Wüste bin ich gelaufen: Atacama in Chile. Obwohl sie nicht mal so trocken wie angekündigt war, wir hatten fast jeden Abend Gewitter ... Auch durch die heisseste Wüste, die ägyptische Sahara bin ich 250'000 Schritte gelaufen; sie war tatsächlich heiss. Die windigste Wüste, Gobi in China war eher die kälteste und nässeste, mit Wind, Regen, Hagel und sogar Schnee. Die vierte Wüste hätte die Antarktis sein sollen, die Kälteste.

 
Auf dem Herzen: das Special-Olympics-Logo auf dem Bidon-Träger
 
Die vierte Wüste
In den letzten Monaten ist aber der Entschluss gereift, nicht nach Südamerika zu fliegen. Ich habe gemerkt, wie aufwändig die ganze (Lauf-)Reiserei ist: organisatorisch, zeitlich und (besonders für die Antarktis) finanziell. Zudem ist der Lauf in der Antarktis sehr wetterabhängig. Man lebt auf einem Expeditionsschiff und bei günstigen Wetterfenstern wird man raus auf den Eis geschickt. Wenn das Wetter wieder kippt, wird das Rennen unterbrochen. Aus Sicherheitsgründen dreht man Runden von wenigen Kilometern, einfach um auf die vorgegebene Distanz zu kommen. Nein, Schnee habe ich genügend im Engadin, und hier kann ich laufen, langlaufen, skifahren, Skitouren machen, usw.

So habe ich als vierten Wüstenlauf den Lauf in Island hervorgenommen und als Wüsten- bzw. Extremlauf aufgewertet. Was heisst denn schon "aufgewertet"? Das war ein schwieriger Lauf, mit extremen Wetterbedingungen und sehr anspruchsvollem Boden. Und dieser Lauf hat meinem Kopf und meinem Körper definitiv zugesetzt.

Fussgymnastik
Seit dem Zieleinlauf an der Blue Lagoon in der Nähe von Reykjavik weigert sich mein rechter Fuss, mich laufen zu lassen. Die Belastungen in Gobi und Island waren zu viel für ihn. Und vermutlich auch jahrelange Beanspruchungen bzw. Fehlstellungen.

Hier hat alles angefangen, mit den Fehltritten in der Gobi-Wüste

So begnüge ich mich seit August mit Wanderungen und gelegentlichen Bike-Ausfahrten sowie viele akribische Stabilisations- und Kräftigungsübungen für die Füsse und die ganze Bewegungskette. Dabei entdecke ich Details in meinem Körper, wovon man normalerweise nicht bewusst ist. Und ich nutze die Zeit auch, um ... Pläne zu schmieden.

Die Schweiz ist doch ein Lauf-Land
So haben Kristina und ich entschieden, nächstes Jahr nicht in die Ferne zu reisen. Wir werden an Ultraläufen in der Schweiz, möglicherweise sogar an solchen vor der Haustür im Bündnerland teilnehmen. Welche werden in der Detailplanung definiert. Und vermutlich mal wieder eine-zwei Wochen Laufferien auf den wunderbaren Schweizer Themen-Wanderwegen: Via Spluga, via Sbrinz, Vier-Quellen-Weg zum Beispiel oder vielleicht die Via Alpina fertig laufen.  

DANKE!
An dieser Stelle bedanke ich mich nochmals bei allen Spendern, die den Athleten von Special Olympics erlauben, sich zu bewegen und Freude am Leben zu haben. Geht mal an ihre Wettkämpfe und bewundert, wie sie sich für ihre Ziele voll einsetzen. Eine Möglichkeit sind die Schweizer Meisterschaften, die National Games, die vom 29. Mai bis zum 1. Juni 2014 in Bern stattfinden. Und ihr werdet wie ich beeindruckt und begeistert sein und hoffentlich Special Olympics (weiterhin) unterstützen. Zum Beispiel als Fan (ab CHF 50.-) oder wieso nicht mit einem (nicht unbedingt verrückten) Charity-Event wie meins?

Danke auch an Selina und meinen Laufkollegen Joel aus Amerika, die mich auf die Idee gebracht haben, Gelder für Special Olympics zu sammeln.



Thank you Joel, you inspired me! (and we had a lot of fun together)

Danke an die Freunde von Montana Sport, die mich mit Asics- und Berghaus-Ausrüstung für jede Situation, von der Hitze bis zum Schnee, vom Wüsten- bis zum bergigen Boden, ausgerüstet haben.
Und danke an all die Freunde aus der ganzen Welt, die ich während den Wüstenrennen kennen und schätzen gelernt habe. Wir haben viel Spass gehabt, viel diskutiert und gelacht: die wunderschöne Erinnerungen von zusammen verbrachten Momenten werden für ewig halten.

kEEP ON RUNNING AND SMILING!
Was für mich gilt, soll für alle gelten: Don't give up, run and smile!

Sonntag, 18. August 2013

Earth, Wind & Fire in Island

Vor Kurzem habe ich ein Konzert von Earth, Wind & Fire auf Muottas Muragl erlebt. Die Naturversion davon habe ich in Island gefunden. Wir hatten uns gefragt, ob wir in Island den Sommer finden würden. Nein: sogar die Einheimischen sagen, dass die der schlechteste August-Anfang seit Jahren war (statistisch gesehen soll das Wetter in den ersten beiden August-Wochen am Stabilsten sein ...). Wir waren auf schwierigen Wetterbedingungen eingestellt, aber diese waren noch härter als erwartet. Während der ganzen Laufwoche hatten wir nur einen Sonnentag, sonst ständig Wind mit orkanartigen Böen, Regen und tiefe Temperaturen.

Reykjavik, 2 Tage vor dem Start: das Wetter war noch schön (aber bereits frisch und windig ...)
Der Lauf hat an den Kräften sämtlicher Teilnehmer gezehrt. Von 270 Gestarteten mussten 42 aufgeben, eine im Vergleich mit ähnlichen Rennen sehr hohe Zahl. Die Gründe: Stürze mit Gesichtsverletzungen, Misstritte, Knie- und Rückenprobleme, Erkältungen. 

Für mich ist dies der härteste meiner Racing the planet-Läufe gewesen, obwohl ich zwei Monate nach dem Gobi-Lauf nicht alles geben wollte - und auch nicht alles gegeben habe, da ich eine ungenügende Erholung nach Gobi vermutete. Der Lauf hat mich so ermüdet, dass ich eine Woche gebraucht habe, um meine Gedanken zu strukturieren und sie der Tastatur anzuvertrauen. Ich schleppe eine starke Erkältung mit und habe immer noch geschwollene Fussgelenke. Gründe dafür sind das garstige Wetter und der sehr schwierige Untergrund.

Kristina im Gegenwind auf Geröllfeldern


Da Island eine Vulkaninsel ist, läuft man ständig auf relativ "jungem" und unebenem Boden: seien es Lavafelder, Lavafelsen, Lavastaub-Strassen, Geröllhalden, Sandstrände, Moosfelder. Ich habe meine Misstritte nicht gezählt, es waren bestimmt mehrere Dutzend davon. Ich kann mich nur erinnern, dass ich auf den 10 km des letzten Lauftages dreimal umgeknickt bin. Aber, oh Wunder, während der ganzen Woche bin ich kein einziges Mal aus Unachtsamkeit gestürzt. Nur während der langen Etappe, als wir auf rutschigen Lavafelsen in Meeresnähe laufen mussten, haben mich Windböen zweimal ausrutschen und stürzen lassen. Das war dann Grund für eine heftige Auseinandersetzung mit den Organisatoren. Ich war und bin immer noch der Meinung, dass sie uns auf diesem Streckenteil unnötigen Gefahren ausgesetzt haben.

Lava und Moos

Der Wind war unser ständiger Begleiter: öfters in Orkanstärke, mal als Seiten-, mal als Gegen-, mal als Rückenwind. Der Engadiner Malojawind oder Wind in der Gobi-Wüste, die als windigste Wüste der Welt gelten soll, sind nichts im Vergleich mit dem Island-Wind. Seitenwind kombiniert mit Regen durchschleust Feuchtigkeit zwischen Rucksack und Regenjacke, zudem lässt er manchmal die Füsse gegeneinander schlagen und bring einen fast zum Stolpern. Nach einer Kurve empfahl es sich jeweils, die vorderen Läufer anzuschauen: war ihr Oberkörper in einem 30-Grad-Winkel gegen rechts gebeugt, hiess es, dass starker Wind von rechts kam. Waren sie plötzlich ganz klein und nach vorne gebückt: da war Gegenwind angesagt. Und wenn sie plötzlich ganz schnell waren, dann war der Rückenwind im Spiel. Eine weitere Schwierigkeit in Kombination mit dem Wind war der schwere Rucksack. Kam der Wind von der Seite, baten wir eine grössere Fläche als sonst und wurden aus dem Gleichgewicht gebraucht. Kam der Wind von hinten, hatten wir eine grössere Belastung auf Knien und Füssen durch die  erhöhte Laufgeschwindigkeit.

Der Wind liess uns keine Ruhe, auch im Camp und besonders in der Nacht hat er stark geblasen. Dies hat uns erlaubt, in den regenfreien Stunden unsere Laufkleider schnell trocknen zu lassen. Dies aber nur ausserhalb des Zeltes: im Zelt war es immer so feucht, dass die Kleider am nächsten Morgen noch nässer waren. Überhaupt: geschlafen haben wir mit drei-vier Schichten Kleidern im (für die Outdoor-freaks unter meinen Lesern) +5-Grad-Schlafsack und zusätzlichem Seideninlet. Am Abend nach der langen Etappe waren dann die Zelte so nass, dass die Veranstalter uns in eine Turnhalle einquartiert haben.
 
Kleider im Gegenwind sogar im Zelt (merke den Winkel ...)

Kleider am Trocknen in der Turnhalle

Nichtsdestotrotz war es eine gelungene Woche. In erster Linie, da Kristina und ich die ganze Zeit zusammen gelaufen sind. Im Vorfeld des Laufes war dies für uns ein Fragezeichen: würden wir wie auf unseren Jogging-Ausflügen zusammen laufen können? Oder würde der Wettkampf Spannungen mit sich bringen? Nichts davon. Wir konnten uns - öfters mit nur einem Blick wegen des Windlärms - bestens verstehen und das Tempo dem Untergrund und den Wetterbedingungen anpassen. Auf der langen Etappe sind wir sogar auf Grund einer Beinverletzung von Kristina 11 Stunden durch Wind und Regen zusammen marschiert. Und diesmal konnte Kristina - anlässlich ihrer ersten Teilnahme an einem Mehrtageslauf! - mich ablösen und ihre Alterskategorie gewinnen.

Nicht nur am einzigen Sonnentag macht zusammen laufen Spass

Ein paar Highlights:

Die Landschaft in Island ist einmalig: Gletscher und Gletscherseen in unmittelbarer Nähe, Geysirs, Wasserfälle, Lavafelder, Vulkane. Ein kleiner Gletschersee hat uns mit seinen durch den Wind verursachten hohen Wellen imponiert. 

Die angekündigten Flussdurchquerungen wurden uns wegen den kalten Wassertemperaturen gespart. Nur an einem Tag mussten wir durch ein paar Bäche 500 meter vor dem Ziel durchwaten. Unsere Befürchtungen wegen den nassen Schuhen und Socken haben sich als ziemlich unbegründet erwiesen: am nächsten Morgen regnete es in Strömen, so wären die Füsse eh nass geworden ...
Zum ersten Mal bin ich auf Moosfeldern gelaufen: es fühlte sich wie eine Matratze unter den Füssen. 

Überhaupt: Wind und Wetter ausgesetzt sein hatte sogar etwas Heldenhaftes. 

Ein weiteres Highlight waren die in Geysirwasser gekochten Eier, die uns ein Rettungsteam unterwegs geschenkt hat. 

Sehr zweckmässig hat sich die gewählte Laufausrüstung erwiesen. Unterschicht und Schuhe: Asics, Aussenschicht gegen Wind und Regen: Berghaus. Die Produkte wurden mir von Montana Sport zuerst als Test-, dann als Wettkampfausrüstung zur Verfügung gestellt. Danke Stefan, Giuseppe, Boris, Rocco und Christian für die Beratungen. 

Auch in Ernährungsfragen bin ich mittlerweile Fachmann: wir hatten die für uns richtige Kalorienmenge dabei: 15'500 kcal, vorgeschrieben waren mindestens 14'000. Und der Rucksack mit seinen 9.5 Kg hatte alles drin, was ich gebraucht habe.

Wasserfall

Vor einem Gletschersee

Sandsturm in Sicht

Vulkansand

Typischer Laufboden

Kampf gegen Mosquitos (nur während 10 Minuten)

Anhalten und baden oder weiter laufen?

Lokale Schönheiten

Durch- oder rundumlaufen?

Im Zielgelände

Blue lagoon: endlich warmes Wasser
Die Frage nach dem nächsten Abenteuer? Lasst mich (uns) etwas Zeit: die Kommerzialisierung solcher Läufe mit unterdessen zu vielen Teilnehmern hat uns zu denken gegeben. Wir werden in nächster Zeit vor allem unsere geliebte Engadiner Wanderwege ablaufen, immer mit einem Lächeln auf dem Gesicht.


Sonntag, 28. Juli 2013

Sommer in Island?

Heute in einer Woche bin ich weit weg vom sommerfrischen Engadin. Wir werden unsere erste Nacht im Camp verbringen. Die Veranstalter sind bereits vor Ort, um die Strecke vorzubereiten. Sie haben trockenes Wetter und sommerliche Temperaturen gemeldet ... 13 Grad! Ob der isländische "Sommer" seine Fortsetzung finden wird?

Ich werde mit etwas Wehmut das Engadin verlassen: es herrschen ideale Sportbedingungen bei Sonnenschein, 22-24 Grad und auffrischendem Maloja-Wind. Na ja, die folgenden zwei Wochen sind in Island (statistisch gesehen) die wettermässig stabilsten, so haben wir gar keine Auswahl!


Weltklasseathleten im Engadin

Zur Zeit befinden sich im Engadin viele Weltklasseathleten: die Mittel- und Langstreckenläufer bereiten sich auf die Weltmeisterschaften von Moskau. Es wimmelt aber auch von Velofahrer- und Mountainbike-Mannschaften auf Strassen und Trails.

So konnte ich zum Beispiel die Geschwister Marie und Laura Polli wieder treffen, wir hatten bereits einen gemeinsamen Auftritt am Tessiner Fernsehen vor einem Jahr. Sie haben drei Wochen auf dem Bernina Pass verbracht, um sich auf die 20 Km Gehen vorzubereiten. Auch der Schweizer Marathonläufer Viktor Röthlin ist in die Höhe gekommen: er bereitet sich auf den Jungfrau Marathon vor.

Zwilling-Look mit Viktor Röthlin
Jeden Sommer kommen ebenfalls Nachwuchs-Athleten ins Engadin, so zum Beispiel eine Selektion von Swiss Athletics. An einem Abend konnte ich diesen etwa 30 jungen Sportlern und Sportlerinnen mein Projekt "1 Million Schritte für Special Olympics Swiitzerland" vorstellen. Sie waren sowohl von den Leistungen der Special Olympics-Athleten wie auch von meinen Wüstenerlebnissen sehr beeindruckt und haben trotz dem harten Trainingstag viele interessierte Fragen gestellt. Ich habe sie dazu ermuntert, an den Special Olympics-Anlässen oder in einer Trainingsgruppe mitzuhelfen.


Röthlin "kräftigt" junge Schweizer Leichtathletinnen
Die Taktik?

Die Taktik für den Island-Lauf lautet wie gewohnt: RUN AND SMILE (and take pictures). Nur diesmal werde ich nicht alleine sondern mit Kristina lächeln. Es handelt sich um ihren ersten Mehrtageslauf und um unseren ersten gemeinsamen Wettkampf (abgesehen von den Pacemaker-Diensten am Luzern-Marathon). So wissen wir nicht, wie der Lauf ausgehen wird.  Da wir aber im Training im gleichen Tempo laufen, freue ich mich auf eine erlebnisreiche Woche. Ich werde wieder alte Bekannte treffen und neue Freundschaften schliessen. Und trotz Regen, Schnee, Wind, Wolken, Flussüberquerungen, Lavagestein, feuchte Böden usw. (oder vielleicht gerade deswegen): wir werden sicher wieder eine wunderbare Woche unter Gleichgesinnten mit atemberauschenden Landschaften verbringen.

Startnummer 206

Die Startliste ist gerade eingetroffen, ich werde die Startnummer 206 tragen. Da ich diesmal keinen Blog schreiben werden, schaut ab Sonntag, 4. August für Bilder unter diesem Link: http://www.4deserts.com/beyond/iceland/photos-47-100 Danke meinen Ausrüstern Asics und Berghaus werde ich bei Regen und Schnee eine blau-gelbe Berghaus-Jacke tragen; bei schönem Wetter ein grünes Asics-Shirt und bei jedem Wetter schwarz-grüne Asics-Tights.


Sonntag, 21. Juli 2013

Island ruft: -14 Tage

Plötzlich meldet sich das nächste Abenteuer: seit Jahren möchte ich Island besichtigen. In 2 Wochen werde ich 250 km des Landes zu Fuss entdecken.


Es handelt sich um eine einmalige Gelegenheit: der Veranstalter "Racing the planet" organisiert sein diesjähriges "Roving Race" in Island. Kristina und ich sind unter den 300 Athleten, die für die Teilnahme berücksichtigt wurden; angemeldet hatten sich doppelt so viele.

Die Formel dürfte meinen treuen Lesern und Leserinnen bekannt sein: 250 km zu Fuss in 6 Tagen in sogenannter Selbstversorgung. Dies heisst: alles ausser Wasser und Zelt wird selber getragen. Am Gobi March habe ich es geschafft, das Rucksack-Gewicht auf 6.9 Kg runter zu bringen. In Island wird wieder viel mehr Gewicht auf meinen Schultern lasten, sogar so viel Gewicht wie noch nie. Dadurch, dass selbst im August vier Jahreszeiten am gleichen Tag sich abwechseln können, hat der Veranstalter mehr obligatorisches Material als für Wüstenrennen vorgeschrieben: in erster Linie Zusatzkleider für Kälte und Regen. So werde ich am ersten Lauftag kaum die 8-Kg-Grenze unterschreiten können. Dies, obwohl Berghaus und Asics mich mit superleichtem Material ausgerüstet haben. 

8 kg auf dem Buckel sehen ziemlich bullig aus ...

Von der Seite gesehen, ist es doch nicht so schlimm
Da ich bisher mit einem Ruck- und einem Vorderpack gelaufen bin, muss ich nun mein Körperschwerpunkt etwas versetzen, was nicht ganz einfach ist, besonders wenn ich bergrunter laufe. Dafür sehe ich jetzt besser meine Füsse: ich erhoffe mir dabei, dass ich diesmal nicht stolpern und stürzen werde ;-) Auf jeden Fall kann ich nun mit meinen ehemaligen Mitläufern mitfühlen, die an den bisherigen Wüstenrennen 8 und mehr Kilos getragen haben.

Um 70 Gramm an Gewicht zu sparen, habe ich diesmal entschieden, die obligatorischen Veranstalter- und Landes-Patches auf die Kleidung drucken zu lassen und nicht darauf zu nähen. Nach dem Motto: selbst Kleinmist zählt. Und dafür sieht die Kleidung noch edler aus.


So wie in Gobi dürfte ich Boden- und Wetterverhältnisse antreffen, die mir aus der Alpenlandschaft bekannt sind. Die einzige grosse Unbekannte ist der Regen bzw. das Trocknen von Kleidern und Rucksack für den nächsten Tag. Unsere Unterkunft ist weder eine schöne, warme und trockene Wohnung noch ein Hotelzimmer, sondern ein Militärzelt für 10 Personen. Immerhin haben mir die Organisatoren versichert, dass die Zelte wasserfest sind. Ich denke, das isländische Militär ist auf diesem Gebiet genug erfahren, besser auf jeden Fall als das chinesische (Gobi-Lauf und überschwemmte Zelte lassen grüssen).

Da Flussüberquerungen angekündigt sind, werden wir wohl oder übel das Thema Feuchtigkeit managen müssen. Um meine Füsse daran zu gewöhnen und die Schuhe zu testen, habe ich das Engadiner Schmelzwasser ausgiebig getestet.


Gore-Tex-Schuhe oder nicht Gore-Tex?
Engadiner Gletscherwasser

Überhaupt konnte ich am Morgen früh, in den Mittagspausen oder am Wochenende wieder einige Kilometer sammeln und mich mit wunderbarer Alpenkulisse, Fauna und Flora hier oben im Engadin austoben. 



Da doppelt so viel Teilnehmer als gewohnt angemeldet sind, befürchte ich Warteschlangen vor dem Cybertent, wo ich bisher meine Blogs geschrieben hatte. Ich habe deshalb entschieden, keinen Blog während der Veranstaltung zu schreiben; meine Eindrücke werde ich an dieser Stelle nach meiner Rückkehr Mitte August zusammenfassen. Diesmal werde ich noch mehr Bilder mitnehmen können: dadurch, dass auch Kristina mitlaufen wird, habt ihr zwei Photoreporter zur Verfügung!

Trainingstart mit Kristina auf Marguns
Zur Renntaktik: Kristina wird ihre Erfahrungen an einem Mehrtagesrennen sammeln. Auch diesmal wird deshalb nicht auf Gesamtklassement gelaufen, sondern auf Genuss und Entdeckung von neuen Landschaften. Wie ist schon das Motto? RUN AND SMILE!

Wer uns moralisch unterstüzen möchte, kann eine email unter folgendem Link http://www.4deserts.com/beyond/iceland/email absetzen. Wenn die Warteschlangen nicht zu lang sind, werden wir sie konsultieren, sondern lesen wir sie halt nach unserer Rückkehr. Wir werden jedoch wie immer spüren, dass ihr dabei seid! 
Ihr könnt zudem die Breaking News http://www.4deserts.com/beyond/iceland/breaking_news abonnieren oder die täglichen Aufdatierungen hier http://www.4deserts.com/beyond/iceland/Stage_updates konsultieren.  

Montag, 10. Juni 2013

Ein einfaches Rezept

Selbst in der entferntersten Provinz Chinas mit wenig Flugbewegungen erlebt man Flugverspätungen. Ich sitze am nigelnagelneuen winzigen Flughafen von Bole im Nordwesten Chinas und warte auf den einzigen täglichen Flug zur Provinzstadt Urumqi, der zuerst um zwei, dann um drei und mittlerweile um fünf Stunden verspätet ist. Ausgezeichnete Gelegenheit, um die vergangene Woche Revue passieren zu lassen. 

Erster Chinabesuch 
Diese Läufe sind ideal, um alte und neue Freunde zu treffen, aber auch um andere Kulturen kennen zu lernen. Ich habe starke Kontraste zwischen boomenden Städten und extrem armen Tälern, wo ganze Familien Schafe hüten. Einige Bauern reiten immer noch Pferde, andere treiben ihre Tiere auf unwegsamem Gelände mit Motorrädern zusammen. Aber eins haben alle gemeinsam, selbst im entlegensten Tal: ein Handy, um uns fremde Läufer zu fotografieren (oder sich mit uns fotografieren zu lassen), vom neusten Samsung bis zum ältesten Nokia. 

Alle wollen ein Bild mit dem "Langnasigen" - hier in der boomenden Stadt Bole

Recht interessant waren auch die paar Tage Aufenthalt in Urumqi und Bole. Was mich besonders beeindruckt hat, war der Volkspark in Urumqi. Am frühen Morgen waren hunderte von Einwohnern an ihren Körperübungen: Tai-chi, Karate, tanzen, Badminton spielen, auf den Boden mit Wasser schreiben oder Instrumente spielen. Und alles in einer sehr friedlichen Stimmung.


Ruhe und Konzentration in Urumqi's Volkspark

Erfahrungen gesammelt 
Im Camp haben wir uns wie gewohnt über Gott und die Welt ausgetauscht. Es ist spannend, wie jeder die Ansicht aus seinem Kulturkreis einbringt. Diese Begegnungen bieten auch Gelegenheit, den Umgang mit Menschen aus anderen Kulturen zu üben. 

[Mittlerweile habe ich die amerikanische Reisekultur erlebt. Die auf den Flug wartenden Amerikaner haben mir ihre panisch geprägte Ungeduld aber auch Organisationstalent gezeigt: ich sitze nun im Hotel in Urumqi nach einer achtstündigen Busfahrt über die ganze Provinz. Die Amerikaner haben in Nullkommaplötzlich einen Bus-Transfer organisiert, da sie befürchteten, dass unser Flugzeug gar nicht starten würde. Damit habe ich Gelegenheit gehabt, moderne Autobahnen, verstaubte Provinzstrassen, Feldarbeiter, Raffinerien, Kernkraftwerke, Wüstenland, verschneite Berge, Kleinstädte, Abendmärkte, einen unermüdlichen Busfahrer und viel viel mehr aus dem Busfenster zu fotografieren.] 

 
8 Stunden Busfahrt statt 1 Stunde Flug


Zurück zur Laufwoche. Ich habe einmal mehr viele Erfahrungen betreffend meine physischen und psychischen Möglichkeiten sowie über die Lauftechnik gesammelt. Sogar das schlechte Wetter hatte etwas Positives: nun weiss ich besser, wie ich damit an meinem nächsten Lauf in Island umgehen kann.

Hervorragendes Resultat 
Meine Klassierung in den top ten habe ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Nach dem erfolgreichen Sahara-Lauf lag wohl eine Wiederholung des Altersklassen-gewinns wohl drin, aber eine solche Konstanz über die ganze Woche hat mich selber überrascht. Ich habe nicht übermässig trainiert, war vielleicht dies das Rezept? Ich bin ohne körperliche Beschwerden nach China gereist und ohne Druck jeden Tag genossen. 


Auch diesmal Alterskategorie-Sieger



Bestimmt hat mir das Gelände geholfen: mehrere Streckenteile waren mit unseren Alpwiesen und -wegen vergleichbar, ich konnte meine Lauftechnik gut umsetzen. 

Die in anderen Ultra- und Mehrtagesrennen gesammelten Erfahrungen waren ebenfalls wichtig. Viele jüngere Teilnehmer konnten ihre Kräfte nicht einteilen und sind entweder gegen Ende der jeweiligen Etappe oder gegen Ende der Woche eingebrochen. 


Der Zusammenhalt  
Im Camp herrschte eine schöne Stimmung, und dies sogar in der ersten Hälfte des Teilnehmerfeldes, trotz der Kompetition. An diesen Läufen gibt es nur eine Finishermedaille zu gewinnen, deshalb herrschen faire Bedingungen unter den Läufern. Die unerwartet harten meteorologischen Bedingungen mit regnerischem und meistens kaltem Wetter haben bestimmt den Zusammenhalt gefördert. 

Unser erfolgreiches und humorvolles Zelt: drei Alterklassengewinner, ein 5. und ein 10. Platz

Das einfache Rezept  
Die grösste Freude haben mir ein paar Kollegen bereitet, die mir mitgeteilt haben, dass sie sich durch meine Einstellung zum Laufen inspiriert fühlen. Das Rezept ist einfach: nicht verbissen, sondern mit einem Lächeln auf den Lippen durch die Welt laufen (oder gehen). 

Tankstelle in China


750'000 Schritte  
Herzlichen Dank an alle, die mich aus der Ferne unterstützt haben. Es war eine Freude, eures Mitfiebern zu spüren und die Unterstützungsnachrichten zu lesen. Nun habe ich 750'000 von einer Million Schritte für Special Olympics hinter mir. Ihr könnt weiterhin das Projekt mit einem Franken pro Schritt unterstützen.

Mit Joel, Special Olympics USA
Nächste und letzte Etappe der 4Deserts: Antarktis im November 2014, wofür ich mich qualifiziert habe. Zwischenetappe in August mit dem Racing the planet-Lauf in Island.

Einladungsbrief für "The Last Desert"




Freitag, 7. Juni 2013

Regen, Hagel und Schnee in Gobi

Nach einer weiteren nassen Nacht und ein paar nassen Kleider wegen Wasser im Zelt der Start zur langen Etappe. Die Frage war: stelle ich mich auf einen Lauf wie den Swiss Alpine von Davos oder auf den kommenden Islandlauf ein? Wie in Davos fuehrte die Strecke ueber Stock und Stein mit einer Distanz von 75 km und einer Passueberquerung auf 2800 m. Und wie in Island waren vier Jahreszeiten an einem einzigen Tag vorausgesagt.

Ich bin wie angestrebt verhalten auf den ersten 15 flachen km gestartet und manchmal das Tempo angezogen, um ein paar Konkurrenten bereits zu ermueden. Die weiteren 15 km Steigung haben sich als rennbar erwiesen, fuer Kristina so aehnlich wie von Santa Maria Richtung Ofenpass: ich konnte diese Trainingseinheit von letztem Sommer gut abrufen und vier Leute abhaengen. Die ganze Zeit hatten wir Nieselregen, die Temperaturen erlaubten ein angenehmes Tempo. 
 
Einheimische Unterstützung
Dann ploetzlich auf ca 2200m sind Wind und Hagel aufgekommen, so musste ich anhalten und Handschuhe, die in dieser Situation sehr zweckmässige Berghaus-Windjacke und einen umfunktionierten Muellsack anziehen. Es war so kalt, dass ich es nicht fertig gebracht habe, saemtliche Riemen meines Rucksackes zu schliessen. Als wir auf die letzten ganz steilen 300 Hoehenmeter abgebogen sind, hat es angefangen zu schneien. 


Regen, Hagel und Schnee


Die Trainings in den Schweizer Bergen haben mir erlaubt, mein Tempo bis auf dem Pass auf 2800 m durchzuziehen. Dort habe ich sofort die Hilfe einer Voluntaerin in Anspruch genommen, um die Rucksack-Riemen fest zu ziehen, und dann 800 Hoehenmeter runtergebrettert, wo endlich die Sonne wieder schien. 

Bitterkalt auf 2800 m. Nicht gerade sexy aber zweckmässig ...
Dann am Checkpoint 6 nach ca 60 km und in 10. Position stoppt mich der Renndirektor und entschuldigt sich. Die ersten neun Läufer waren am nächsten Berg unterwegs, das Rennen musste aber wegen schlechter Meteo gestoppt werden. Ok, part of the game, ich habe meinen Proteindrink und den Buendnerfleisch ausgepackt. Weitere Konkurrenten haben begonnen zu schimpfen, die erste Frau weinte. Ich habe geholfen, den Entscheid zu erklaeren, bis alle sich beruhigt haben.

 
Trotz Sonne: nach 60 Km gestoppt
Die Veranstalter haben eine Busfahrt zurueck zu einem Jurtencamp organisiert, da unsere Zelte zu nass für eine Übernachtung auf 2'000 müM waren. Erneut bitterkalte und feuchte Nacht bis zum Entscheid heute morgen, dass wir erst morgen ca 15-20 km laufen werden, da heute zuviel Schnee auf den Bergen liegt.

Nun liegen wir den ganzen Tag in unseren Schlafsaecken und tauschen Geschichten aus. 
 
Lösungen gegen Feuchtigkeit und Kälte in einer Jurte auf 2'000 müM


Mittlerweile ist es 15 Uhr, und wir warten immer noch auf die versprochene Pasta, die um Mittag haette eintreffen sollen. Wir haben fast keine Nahrung mehr dabei, da wir wegen der Kaelte mehr als geplant essen mussten. Die Koreaner haben einen Laden in der Naehe ausfindig gemacht und sind am sich besaufen ...

Endlich kommt die versprochene Pasta
Ich melde mich wieder auf Facebook und auf meinem Blog Mitte naechster Woche wieder. Danke fuer eure Unterstuetzung: ich fliege am Montag ganz zufrieden und erfuellt heim. Bis bald mit einem grossen Smile.

PS Wer meine Tochter Silvia kennt, kann ihr heute einen schoenen Geburtstag wuenschen. Silvia, happy birthday and enjoy it!!!!!!!